Zum Inhalt springen

Warenkorb

Dein Warenkorb ist leer

Artikel: Interview mit der Filmeditorin Lena Hatebur

Interview mit der Filmeditorin Lena Hatebur

Interview mit der Filmeditorin Lena Hatebur

Der Hinweis auf den aktuellen Dokumentarfilm Plastic Fantastic ist uns nach einer Bestellung in der E-Mail-Signatur aufgefallen. So sind wir ins Gespräch mit der Filmeditorin Lena Hatebur gekommen und hatten nun das Glück, Sie bei der Premiere des Films in Berlin persönlich kennen zu lernen. Erfahrt mehr über ihre Arbeit und den ausgezeichneten Film!

Kannst Du Dich kurz vorstellen?
Mein Name ist Lena Hatebur. Ich wurde vor 40 Jahren in Haltern am See geboren. Nach 15 Jahren Berlin, lebe ich seit 2015 mit meiner Frau, unseren beiden Kindern und unserem Hund in einem alten Obstbauernhaus in Werder an der Havel, in der Nähe von Berlin. Mein Studium der Filmmontage an der Filmuniversität Potsdam Babelsberg habe ich 2014 als Diplom-Schnittmeisterin abgeschlossen. Seitdem schneide ich Filme fürs Kino und Fernsehen. Ich bin spezialisiert auf Dokumentarfilme.

Lena Hatebur

Wie kamst Du zum Film?
In meinem Regal stehen sehr viele Mini-DV und VHS-Tapes. Darauf befindet sich meine gesamte Jugend. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich mit meinem Vater durch die Fußgängerzone von Recklinghausen lief und wir in einem kleinen Technikladen meine erste Mini-DV Kamera kauften. Mein Setting damals war optimal: Ich war 16 Jahre alt und hatte eine tolle Clique. Also habe ich alles gefilmt, was wir erlebt haben. Am Wochenende, in den Ferien. Den Abend und die Nacht gefilmt, am nächsten Morgen geschnitten. Hartschnitt zwischen VHS-Player und Kamera, Musik parallel dazu aufgenommen. Abends haben wir es dann in der Clique angeschaut. So ging das ein paar Jahre. Dass man mit einer Auswahl von Bildern und O-Tönen in einer bestimmten Reihenfolge, unterlegt mit Sound und Musik, bewusst Emotionen anderer Menschen steuern kann, fasziniert mich bis heute. Als ich erfuhr, dass man Filmmontage studieren kann, habe ich mich sofort für den Studiengang in Potsdam beworben.

Was sind die Herausforderungen einer Filmeditorin?
Die größte Herausforderung einer Filmeditorin ist es, unseren Beruf zu erklären. Im Bereich der Dokumentarfilme beispielsweise gibt es keine Drehbücher im klassischen Sinne, eher Konzepte, die sich oftmals während des Drehs erübrigen, weil zu viele Dinge passieren, die sich vorher nicht abschätzen lassen. Am Anfang eines Editing-Prozesses steht das Sichten von ca. 100-200 Stunden Rohmaterial. Dieser Prozess zieht sich über Wochen. Man sitzt gemeinsam mit der Regie im Schneidraum und erforscht das Material, schaut anderen Menschen beim Leben zu. Der erste Eindruck der Editorin ist wegweisend. Wir waren beim Dreh nicht dabei, interessieren uns nicht für Schwierigkeiten, die währenddessen stattgefunden haben, hängen emotional nicht an den Szenen aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte. Uns interessiert nur das Rohmaterial und sein Potential. Mit größter Offenheit fragen wir uns: Welche Figuren lassen sich bauen, welche Erzähllinien erarbeiten, welche Bezüge formulieren und Emotionen erstellen? Der Schneideraum wird zur Denkfabrik. Mir macht es riesigen Spaß gemeinsam mit der Regie zu tüfteln. Es reiht sich Denksportaufgabe an Denksportaufgabe und so arbeiten wir über Monate an der Dramaturgie und an der Form des Films. Wir Editorinnen stellen uns dabei in den Dienst der Filmidee und bieten unser volles kreatives Potential an. Ein schöpferischer Akt. Eine Kunstform. Im Filmschnitt ist nichts Zufall, alles ist konstruiert und darf dennoch nicht so wirken. Doch wir agieren im Verborgenen und es lässt sich nur schwer von außen begreifen, wie elementar unser Einfluss auf das fertige Werk ist. Kaum jemand weiß, was wir eigentlich genau machen und kann Fragen dazu formulieren. Das ist schade. Wir Filmeditor*Innen reden liebend gerne über unsere Arbeit, da sie uns in ihrer Vielschichtigkeit selber fasziniert. Von 100-200 Stunden Rohmaterial zu 90min Film: This is where the magic happens.

Plastic Fantastic Dokumentarfilm Editors Cut

Kannst du uns etwas mehr zur Arbeit an der aktuellen Dokumentation “PLASTIC FANTASTIC” erzählen und warum wir den Film schauen sollte?
Es gibt 500mal mehr Plastikpartikel in den Meeren, als Sterne in unserer Galaxie. Obwohl wir das Material erst vor wenigen Jahrzehnten erfunden haben, ist es heute schon in unserem Blut nachweisbar. In dem Film PLASTIC FANTASTIC beleuchten wir die Problemlage aus verschiedenen Perspektiven und an verschiedenen Orten auf der Welt. Aktivist*Innen und Wissenschaftler*Innen berichten uns von ihren Kämpfen gegen die Umweltverschmutzung. Und wir stellen die Frage nach der Verantwortung. Auch den Lobbyisten der Plastikindustrie. Diese servieren uns seit jeher eine klare Antwort: Wir Verbraucher*Innen haben den Hebel in der Hand. Eine gängige Kommunikationstaktik. Doch so einfach ist es nicht. Hinter der massiven Produktion des Kunststoffes steckt ein ganzes System: Die Plastikproduktion ist die Wachstumsstrategie der Öl- und Gasindustrie und diese hat nicht die Absicht, ihre Produktion in den kommenden Jahren zu schmälern. Ganz im Gegenteil.

Plastic Fantastic Filmplakat
PLASTIC FANTASTIC hat gerade eine internationale Festivalreise hinter sich und nach all den Vorführungen wissen wir, dass der Film den Blick der Zuschauenden verändert, schärft. Ich habe knapp 700 Stunden an dem Film gearbeitet und freue mich, dass er die Menschen so tiefgreifend erreicht. Denn es ist doch so: Wir alle wissen um das Problem der Plastikverschmutzung und doch werden wir erst dann richtig aktiv, wenn wir uns emotional angesprochen fühlen.


Wie verdienst Du Dein Geld?
Ich verdiene mein Geld als Filmeditorin. Ich bin selbstständig und werde von der jeweiligen Produktionsfirma bezahlt. Außerdem betreibe ich eine kleine Imagefilm-Agentur: Hasebur-Film. Da mich die Welten und die Sichtweisen von Kindern beeindrucken, produziere ich mit Hasebur-Film ausschließlich Filme für Institutionen, Stiftungen etc. bei denen Kinder im Mittelpunkt stehen.

Was macht Dich glücklich?
Vieles. Meine Familie. Unsere Gesundheit. Unsere Freiheit. Das Beobachten von Alltäglichem. Der Humor darin. Mein Beruf, in dem ich alles verbinden und mich ausdrücken kann.

Wie sieht ein typischer Tag im Leben von Lena Hatebur aus?
Oh, aktuell geht es immer ganz sportlich los: Mein 3 jähriger Sohn möchte zur Zeit morgens gerne im Kopfstand aus- und angezogen werden. Und da er noch keinen Kopfstand kann, versuche ich, ihn zu halten, während ich ihm ungeschickt die Klamotten an und ausziehe. Wenn das alles geschafft ist, versuche ich nicht zu stürzen, während ich die Kinder plus Hund im Lastenrad zum Campus bringe. Der Hund bleibt natürlich nicht in der Kita oder Schule, aber mit dem fahre ich dann noch durch den windigen Wald zurück nach Hause. Wenn ich das alles überlebt habe gibt es ein Frühstück und ein paar unbeholfene Sportübungen. Erst dann setze ich mich an meinen aktuellen Kinofilm, den ich hier alleine zu Hause schneide, oder baue einen Schrank. Hauptsache irgendwas bauen. Es ist abhängig vom jeweiligen Filmprojekt, aber aktuell kann ich meine Arbeitszeit den täglichen Gegebenheiten anpassen. Je nachdem, wer von uns die Kinder holt und was noch so ansteht, arbeite ich zur Zeit 4-12 Stunden am Tag. Sobald die Kinder zu Hause sind, oder wir noch etwas unternehmen, bin ich ganz bei ihnen. Ich versuche, meine Aktivitäten nicht zu vermischen. Dann kann ich viel und freudig erschaffen. Im Winter sind wir gerne zu Hause, im Sommer meistens noch mit Freunden am See. In Werder haben wir das große Glück umgeben von Wasser zu sein. Ich hoffe, das bleibt noch lange so. Also das Wasser.

Wo siehst Du Dich in 5 Jahren?
Ich will nicht, dass sich etwas ändert. Ich will, dass meine Kinder genau so ein sicheres Leben führen können, wie ich es tue. Ohne Abstriche, ohne Leiden'. Zitat aus meinem aktuellen Schnittprojekt TAMINA- WANN WAR ES IMMER SO unter der Regie von Beat Oswald. Es ist unser zweites gemeinsames Filmprojekt und die Arbeit daran erfüllt mich tiefgreifend. Ich hoffe, in 5 Jahren, spätestens, arbeiten wir an dem Nachfolger. Und ich hoffe, dass das politische Klima sich nicht weiter verschlechtert. Wir haben alle Sinne gespitzt.

Was fällt Dir zu folgenden Stichwörtern ein?

  • Social Media trennt die Menschen
  • Musik verbindet die Menschen
  • Vorbilder sehe ich am ehesten in Kindern
  • Flow ist das Gefühl, dass ich beim Schneiden habe
  • Inspiration liegt im Humor
  • Abenteuer und Struktur. Die beiden Pole der menschlichen Natur.

Websites: https://www.lenahatebur.com | https://www.hasebur-film.de
Instagram: @lena.hatebur_filmeditorin

Mehr Infos zum Film PLASTIC FANTASTIC findet ihr hier - ein MUST SEE !!

 

Read more

Sieger Deutscher Nachhaltigkeitspreis

Sieger Deutscher Nachhaltigkeitspreis

Wir haben den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie "International" gewonnen! Offizielle dpa Meldung - Düsseldorf 24.11.2023Mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis werden seit 2008 vor al...

Weiterlesen
Ein Wintertag in den Dolomiten

Ein Wintertag in den Dolomiten

Ausgestattet mit ein paar Jeckybeng Produkten dürfen wir Alina und ihrem Freund bei einem wunderschönen Wintertag in den Dolomiten folgen und unsere neuen Lightweight Winterjacket hat dabei auch gu...

Weiterlesen